Eine Mondfinsternis im Jahre 1675

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Text (Einleitung, Übersetzung): Annette Bültmann
Originaltext: Philosophical Transactions of the Royal Society 1675
Fotografien: NASA, Quelle Wikimedia Commons

 

Eine Zeitreise zu den Anfängen der wissenschaftlichen Beobachtung von Gestirnen
Ein Blick in der Welt älteste englischsprachige Fachzeitschrift
Philosophical Transactions of the Royal Society. Dort findet sich aus dem Jahre 1675 ein Bericht über eine Mondfinsternis, übersetzt aus der Welt ältester Fachzeitschrift Journal des sçavans.

 

Die Mondfinsternis wird ausführlich beschrieben, das Verschwinden bzw. die Farbänderungen des Mondes, während die Zeitmessung mit Pendeluhren geschah die am Tag der Mondfinsternis nach der Sonne justiert worden waren “adjusted by the Sun the same day”, und der Stern Capella vor Beginn der Finsternis 45 Grad hoch am östlichen Himmel stand. Die Sprache scheint mir gut verständlich zu sein, die Typografie in manchen Einzelheiten etwas anders, das kleine s ist fast wie ein kleines f geschrieben, dennoch problemlos lesbar.

In diesem historischen Dokument über die Mondfinsternis am 11. Januar 1675 wird genau beschrieben über welche Bereiche des Mondes der Schatten zieht, also anfangend bei dem Krater Hevelius  und dann ca 12 Minuten später bei Aristarchus, einem besonders hellen Mondkrater vorbeiziehend, bis die Auflistung endet bei der Nähe des Kraters Langrenus. Vermutlich geschah die Beobachtung wohl mit Hilfe eines nicht allzu schlechtes Fernrohrs, das Galilei-Fernrohr und das Kepler-Fernrohr waren einige Jahrzehnte vorher entwickelt worden.

Bei den im Royal Observatory zusammengekommenen Beobachtern, im Text als the Parisian Astronomers oder the Observers bezeichnet, handelte es sich um die bekannten Astronomen Giovanni Domenico Cassini (nach diesem, dem Entdecker mehrerer Saturnmonde, wurde der Orbiter der Cassini Huygens Saturnsondenmission benannt), Jean-Felix Picard und Ole Christensen Rømer.

 

Übersetzung:

Ein ausgesuchter Bericht von der letzten Mondfinsternis, wie sie beobachtet wurde von den Pariser Astronomen, und von uns angekündigt in unserer vorherigen Nummer 111. Englische Übersetzung aus dem französischen Journal des Scavanes.

Am 11. Januar 1675, um 12 Minuten nach fünf Uhr am Abend, begannen im königlichen Observatorium, Herr Cassini, Herr Picard und Herr Roemer zu beobachten, dass der östliche Teil des Mondes nach und nach sein Licht verlor; so dass sie um 5 Uhr 25 einen manifesten Halbschatten sahen (penumbra); dann um 5 Uhr 32 Minuten 50 Sekunden, wurde der Bereich über dem Fleck namens Hevelius so dunkel, dass sie übereinstimmend erklärten, dies war der eigentliche Beginn der Mondfinsternis. Sie sahen noch den kleinen Fleck Riccioli, der nicht verschwand bis 15 Minuten später. Und so schritt der Schatten von Ort zu Ort weiter bis zur anderen Seite des Mondes, in Übereinstimmung mit der Reihenfolge, die unten ausführlich geschildert ist.

Bevor der Mond fast gänzlich in den Erdschatten eingetaucht war, erschien kein wahrnehmbares Licht im verfinsterten Teil, weder durch die Helligkeit der anderen Seite, bei der die Abdunklung noch ausstand, noch durch ein bisschen Dunst über dem Mond. Aber als sich der Dunst auflöste, sah der total verfinsterte Mond aus wie von rot-brauner Farbe. Der östliche Teil, der zuerst verdeckt wurde, sah anfangs dunstiger aus als der andere, und seine Schwärze nahm entsprechend zu, als der Mond mehr und mehr in den Schatten der Erde eintrat, aber eine Weile später, ging dieselbe Schwärze auf die andere Seite des Mondes über, so dass der westliche Teil nun im Gegenzug rötlich gefärbt wurde, brauner und dunkler als der andere.

Um 08.07 Uhr begann der Bereich über dem Krater Grimaldi, der in der Nähe des Horizonts lag, sich aufzuklären: was einen der Beobachter glauben machte, dass es der Beginn des Auftauchens aus dem Erdschatten war. Aber, da die Helligkeit dieses Bereichs noch nicht groß genug war, schätzten die beiden anderen Beobachter diese Rückkehr des Aufklarens ein bisschen später ein, der eine um 8.08 Uhr, der andere um 08.09.30 Uhr.
Doch da in der Folge ein Blick auf die Zeit der Entdeckung der ersten Krater kam, die danach erschienen, schätzten sie alle, dass das erste Auftauchen um 08.08 Uhr gewesen sein müsste. Und dies zeigt was zu erwarten ist von den Monfinsternissen für die Festlegung der Längengrade, wenn die Beobachter sich kaum untereinander in Übereinstimmung bringen lassen bei dem Versuch, Aussagen über den Anfang und das Ende der Finsternis zu machen.

Während der größten Verdunklung, nämlich um 07.21 Uhr, kam der südliche Bereich des Mondes nah an einen kleinen Stern, von der Zahl derer die nicht ohne ein Teleskop gesehen werden können; dieser wurde verglichen mit dem Mond, indem man seine Entfernung zum Mond und dem Schatten vor dem völligen Eintauchen maß, und danach bis zum ersten Eintauchen, mit einer Zeichnung, um auf diesem Wege daraus die Parallaxe des Mondes zu finden.
Kurz nach dem Beginn des Auftauchens, nämlich um 08.09.20 Uhr, kam ein anderer Stern, noch kleiner als der vorherige, heraus an der dunkelsten Seite, beinahe gegenüber dem Krater Langrenus; dessen Ort wurde lediglich als nahe stehend gemessen, denn dann konnten sie in dem Teil nichts erkennen, obwohl sie gut genug die gesamte Kontur oder den Umfang des Mondes sahen.
Schließlich um 09.09.40 Uhr stimmten alle drei Beobachter überein, dass der Mond aus dem Schatten kam; aber es blieb ein Halbschatten, der für einige Zeit danach andauerte.

Der Durchmesser des Mondes, wie er gemessen wurde vor der Finsternis, war 32′.15”. Es ist wahr, dass, als er völlig verfinstert war, er einige Sekunden kleiner gefunden wurde als vor der Finsternis: aber da es schwierig ist, ihn zu messen in dem Stadium, gibt es Gründe, an dieser Beobachtung zu zweifeln.

(Anm. der Red.: Wie wurden diese Messungen durchgeführt? Bei Wikipedia findet sich dazu die Information, dass ein einfaches Okularmikrometer von Ole Roemer um 1670 für die Pariser Sternwarte entwickelt wurde.)

Die Zeiten wurden notiert mit großen Pendeluhren, die am selben Tag nach der Sonne justiert worden waren, und anschließend am nächsten Tag verifiziert  wurden: außerdem derart dass vor der Finsternis um 04.45.01 Uhr der Stern Capella 45 Grad hoch gen Osten am Himmel stand.

(Anm. der Red.: Anschließend folgt eine Tabelle, in der links die Uhrzeiten eingetragen sind, und rechts die Mondkrater, die der Schatten zur jeweiligen Uhrzeit passierte.)

 

 

Mondfotos: NASA, Quelle: Wikipedia

 

Lunar Umbra (solar eclipse shadow) over western Africa, Foto: NASA

 

Download Originaldokument Mondbeobachtung 1675, Pdf
A More Particular Account of the Last Eclipse of the Moon, as It Was Observed by the Parisian Astronomers, and Promised by Us in Our Former Numb.111. English’t out of the French Journal des Scavanes
Phil. Trans. January 1, 1675 10 257260; doi:10.1098/rstl.1675.0003

http://rstl.royalsocietypublishing.org/content/10/112-122/257.full.pdf

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