Zechen Teil 2

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Interview des vm2000.net mit Jörg Boström
Fotografie und Malerei: Jörg Boström

 

An Deine Gesundheit hast Du bei den Zechenbesuchen nicht gedacht, zumal Ihr ja auch nicht sooo oft in den Zechen wart?

Nee, an meine Gesundheit habe ich dabei nicht gedacht. Man muss das aber auch gut vorbereiten, man kann nicht einfach privat in einer Zeche herumlaufen. Warst Du eigentlich schonmal in einer Zeche?

Nee, ich war noch nie in einer Zeche.

Mach das doch mal.

Ich weiß nicht, ob die Möglichkeit noch besteht.

Das weiß ich auch nicht. Da musst Du mal bei einer Zeche anfragen.

Ja, eventuell sollte ich das tatsächlich mal machen.

Nimm die Kamera mit.

Manche Industrieorte wurden ja in den letzten Jahrzehnten zu Kulturorten, und insofern führt diese Entwicklung auch zu interessanten Ausstellungs- und Veranstaltungsorten. Manche Zechen und Fabriken werden auch zu Museen für Industriegeschichte, und es gibt zum Beispiel eine “Route der Industriekultur” als Streckennetz im Ruhrgebiet.

Ja, das hat mich ja, wie Du weißt, auch sehr interessiert, und ich habe ja auch nicht nur Zechn, sondern auch Fabriken mit der Kamera besucht. Ich war ja sowieso als Kind schon mit der Industrie ??vertraut?? weil mein Vater ja da gearbeitet hat.

D.h. es hat Dich schon interessiert, und Du hast als Kind schon Betriebe besucht, und auch später mit Studenten wieder.

Genau. Ich habe ja auch mit Studenten, wie Du weißt, Projekte gemacht, Fotografenprojekte. Zechenbesuche, aber auch Metallfirmen?? (besser: Metallindustrie?)

Ich schätze mal dass die Zechenbesuche wahrscheinlich die abenteuerlichsten Unternehmungen waren?

Ja, unbedingt, ja ja. Man bekam da ja auch einen Hut aufgesetzt, und eine Brille.

Ah ja, einen Schutzhelm.

Ja, genau, einen Schutzhelm.

Und dann saht Ihr auch mehr oder weniger wie Bergleute aus?

Haha, ja neee, das nicht so ohne Weiteres, der übrige Körper war ja ganz normal angekleidet.

Wart Ihr denn dann hinterher von Kopf bis Fuß schwarz wie die Bergleute?

Ich glaube, ich weiß es nicht mehr so genau, müsste ich mal alte Fotos angucken.

Es gibt auf jeden Fall noch ein Foto von Dir, wo Du schwarz im Gesicht bist. Das Foto muss nach einer Zechentour entstanden sein, da hast Du Dich wohl selbst im Spiegel fotografiert.

Ja, ich habe erst die Leute und die Räume fotografiert, und am Ende habe ich dann so eine Art Selbstportrait hinterhergestellt.

Wenn Ihr nicht am ganzen Körper schwarz wart, dann saht Ihr zumindest im Gesicht wie Bergleute aus?

Wir hatten ja auch so eine Art Arbeitskostüm, Jacke und Hose usw. und Helm. Sonst wären unsere normalen Kleider ja auch verdorben worden durch den Staub der Zeche.

Hmhm. Ich weiß ja nicht, wie schwarz die Kleidungsstücke später sind, aber die kommen dann nach dem Aufenthalt in der Zeche in die Waschkaue, wahrscheinlich?

Ja, auf jeden Fall.

D.h. Ihr konntet dann Eure Kleidungsstücke, die Ihr leihweise bekommen hattet, in der Waschkaue abgeben?

Ja, genau.

Und Ihr konntet Euch dann auch da waschen, wo sich die Bergleute sonst waschen?

Ja, duschen konnten wir auch, wenn ich mich recht erinnere, wir konnten ja nicht so schwarz wieder in die Straßenbahn steigen.

Das würde wahrscheinlich Aufsehen erregen, wenn man direkt aus einer Zeche in die Straßenbahn stiege.

Wenn Du aus der Zeche rauskommst, kannst Du ja durch die Dusche laufen, ne. Es hat ja jede Zeche einen Duschraum, einen größeren, nicht nur Einzelkabinen, sondern einen richtigen Duschraum für viele gleichzeitig.

D.h. die Duschen liegen da quasi direkt auf dem Weg, wenn man aus dem Förderkorb kommt?

Genau. Ich hab ja auch Fotos gemacht, von Duschenden, kennst Du ja wahrscheinlich.

Genau, Du hast ja auch sogar Malerei von Duschenden.

Malerei habe ich auch gemacht, Zechenmalerei.

Das Duschen gehört bei der Zeche quasi zum Arbeitsprozess, und dauert dann auch nochmal längere Zeit?

Jaja, ich hab doch so Räume auch fotografiert, wo die Klamotten der Arbeiter, auch unsere damals, unter die Decke gezogen werden, und die Arbeitskleidung an kriegen. Und die wurde dann dreckig gemacht, aber die kam dann immer wieder in die Reinigung.

Und die Reinigung nennt sich Waschkaue.

Ja, genau, Waschkaue.

Es hatte ja schonmal jemand einen Text zu Deinem Bild “Waschkaue” geschrieben. Da könnten wir auf jeden Fall einen Link hinsetzen.

Ja, das mach auf jeden Fall.

Du hast ja mehrmals Zechen und Hochöfen und andere Industrieanlagen fotografiert, war das eine bestimmte Phase in Deinem künstlerischen Schaffen, oder kam es von Zeit zu Zeit immer wieder vor?

Das kam a) immer wieder vor und b) war es auch eine Phase, und c) verdanke ich dieses Interesse ja meiner Kindheit, ich bin ja im Ruhrgebiet aufgewachsen. Und für mich haben Zechen und Fabriken mehr Interesse als Landwirtschaft oder Städte oder so weiter. Ich habe viel lieber Industrie fotografiert, als Städte. Auch von Duisburg gibt es kaum gute Fotos von der tadt, aber viele von den Zechen. Das war mein großes Interesse. Das war ja schon als Kind so, mein Vater arbeitete in der Industrie, und ich konnte manchmal ihn besuchen, in Begleitung, und das fand ich schon sehr spannend. Ich bin ja im Rurgebiet aufgewachsen, in Duisburg geboren, in Dinslaken aufgewachsen,und dann Düsseldorf, aber das kam später.

Die Stadt zu fotografieren, als solches, hätte Dich weniger interessiert?

Das kam so nebenbei, aber hauptsächlich hat mich die Industrie interessiert. Wie gesagt, weil mein Vater ja auch in der Industrie gearbeitet hatte, und ich ihn als Kind schon am Arbeitsplatz gesehen und besucht habe, und mit ihm auch durch die Firmen gelaufen bin.

Du hattest schonmal erwähnt, dass ein Werk, in dem Dein Vater gearbeitet hat, geschlossen wurde nach dem Krieg, und später hast Du auch manchmal mit Studenten Industrieanlagen kurz vor der Schließung fotografiert?

Ja, genau. Ich habe ja auch immer, mein ganzes Leben lang als Lehrer, die Studenten für das interessiert, was mich selbst auch interessierte. Das ist auch besser, als wenn man sie für andere Dinge interessiert, die einen nicht interessieren. Da kann man das Interesse ja nicht so wecken, für Sachen, die einen selber garnicht interessieren.

Das ist wahr, das würde ich auch so sehen.

Du warst glaube ich noch nicht dabei, bei Industriebesuchen, oder doch?

Nee, ich würde sagen, leider nicht. Ich wäre vielleicht sogar mal mit in eine Zeche gefahren, ich bin mir nicht sicher. Denn eigentlich ist das ja wahrscheinlich schon sehr anstrengend.

Ja, sicher ist das anstrengend. Aber interessant.

 

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