Zechen Teil 3 und Hochofen Hattingen

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Interview des vm2000.net mit Jörg Boström
Fotografien: Jörg Boström

Du kennst ja die Industriemuseen Hochofen Hattingen, und Zeche Zollern in Dortmund, durch eigene Ausstellungen und Veranstaltungen. Ich finde solche Orte beeindruckend, Du auch?

ja, das hat mich immer sehr beeindruckt. Ich bin ja durch meine Herkunft, in Duisburg geboren, Kind des Ruhrgebiets, wie man mich mal genannt hat, an Industrie und hauptsächlich auch an unter Tage, Zechen, sehr interessiert. Zumal das heute ja Geschichte ist. Es gibt ja keine Zechen mehr.

Mir schien dass solche Anlagen riesig waren, also die pure Größe ist schon beeindruckend, z.B. von Ventilatoren. Ich kann mich erinnern, dass im Industriemuseum Hattingen ein riesiger Ventilator hängt, der meterhoch ist.

Ja, ich meine auch, mich zu erinnern. Ich weiß übrigens nicht, ob man heute in den Zechen, in einigen, für künstlerische Zwecke und für Besucher Führungen macht, wo man unter Tage herumlaufen kann.

Man bräuchte wohl den Förderkorb, wenn man tiefer in die Zeche hineinfährt, und auch um wieder herauszukommen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht ob man noch in Zechen einfahren kann.
Ich befürchte dass man die Zechen garnicht mehr besuchen kann heute.

Die meisten nicht, aber Du müsstest mal herauskriegen, weche noch aus kulturellen Gründen, aus historischen Gründen, für Besucher zur Verfügung stehen, und wo Führungen veranstaltet werden.

Ja. Weißt Du zufällig, ob man beim Hochofen Hattingen noch Teile der Industrieanlage besuchen kann?

Ja, musste mal fragen, weiß ich nicht.

Ich war mal abends da, bei Deinem Vortrag. Es war interessant, leider habe ich da abends keine Besichtigung machen können, man konnte natürlich die Anlage von außen sehen, aber es war schon dunkel.

Ich würde schon an Deiner Stelle mal eine Besichtigung machen, die sind ja organisiert, die Besichtigungen. Erkundige Dich mal, und dann mach mal mit, dass Du mal nicht nur auf Fotos siehst, auf meinen Fotos, sondern dass Du mal selber siehst, was da los ist, in den Zechen.

Ich hatte schonmal darüber nachgedacht, ob das für mich auch interesant wäre. Wobei es natürlich wirklich auch etwas unheimlich ist.

Haha, unheimlich ist es natürlich.

Ein bisschen schon, wenn man in die Dunkelheit mit einem Förderkorb oder wie auch immer heruntergelassen wird?

Aber spannend, ist doch interessant. Spannender und interessanter, als unheimlich.

Also das Spannende und Interessante überwiegt dann?

Ja, sicherlich.
Ich war schon immer gerne unter Tage, nicht nur einmal, ich habe das ja ein paarmal gemacht. Für mich war das immer von großem Interesse. Auch die Fotografie unter Tage. Weil es eben eine s/w Welt ist. Und ich bin ja ein s/w Fotograf, wie Du weisst. Ich habe ja mit Farbe in der Fotografie nicht viel zu tun. Mein Werk sozusagen als Fotograf ist im Wesentlichen s/w Arbeit.

Hmhm. Also heute ist es vielleicht auch schon manchmal Farbe, wenn Du auf den Straßen fotografierst, obwohl es sich dann in Deiner Malerei wieder in eine mehr schwarzweiße Form umwandelt, dadurch dass da manchmal nicht alle Farben in Deinen Bildern vorhanden sind.

Ja. Dazu kam ja, damals habe ich ja selbst Vergrößerungen gemacht, im Labor. Und da konnte ich sowieso nicht Farbe machen, weil, s/w war da sowieso meine Leidenschaft. ??Das Denken in Kunst und Grafik, ne.?? Bei Zechen hatte ich ja alles zusammen. s/w war ja die Umgebung, da brauchtest Du kaum eine s/w Fotografie, da bist Du ja in einer schwarzweißen Region, unter Tage.

Unter Tage ist es so dunkel, dass man kaum Farben erkennt?

Da sind keine. Das sind ja Gänge die durch Kohlegewinnung entstanden sind. Die Farben, die Du da findst, sind die Farben der Besucher, wenn die grüne oder gelbe Jacken haben, dann sieht man Farbe, aber wenn man nur die Gänge sieht, die sind wirklich s/w.

Aber die Farben der Jacken kann man immerhin erkennen, also so dunkel ist es nicht?

Ja, selbstverständlich. Wenn Du da mit der normalen Kamera fotografierst, tauchen die Farben nur durch die Besucher auf. Die Gänge und die Räume sind selber s/w. Kohle eben.

Und Ihr wart da damals mit rein mechanischer Kamera, ohne Belichtungsmesser, mit hochempfindlichem Filmmaterial, und konntet keinen Belichtungsmesser mitnehmen wegen der Schlagwettergefahr?

Das weiß ich schon garnicht mehr, aber wahrscheinlich hast Du Recht.

Das steht da so in Deinem Text.

Das habe ich vergessen.

D.h. Ihr musstet dann die Belichtungszeit schätzen?

Ja.

Habt Ihr da sofort richtige Bilder gemacht, oder war das anfangs schwierig und erst beim zweiten oder dritten Versuch entstanden richtige Fotos?

Du, da muss ich gucken, weiß ich nicht mehr, ich habe soviel ich konnte, fotografiert, und dann in meinem Labor versucht, daraus Bilder zu machen.

Was ich mich frage ist, hat man anfangs, beim ersten Versuch, einen Film auf dem alles schwarz ist?

Hehehe. Ich weiß das nicht mehr.

Oder zumindest fast alles schwarz?

Ja, dann wird es sehr spannend, wenn langsam die Formen, Strukturen der Wände usw. sichtbar werden, auf den Negativen. Das war ja damals nicht digitale, sondern normale, analoge Fotografie.

Hmhm. Wenn man im Labor selbst entwickelt, und dann das Papier in der Schale liegt, und dann so nach und nach die Strukturen erscheinen, das fand ich auch immer sehr interessant.

Genau, genau. Die habe ich auch so richtig als Grafiken, als Kunst empfunden. Kennst Du ja, ich habe sie ja teilweise im Netz.

Ich habe auch Zechenbilder von Dir gesehen bei der Ausstellung in der Alten Ziegelei. Da waren ja große Prints. Das waren allerdings glaube ich nicht die, die Du im Labor gemacht hast, sondern da waren nachträglich noch welche gemacht worden.

Weiß ich nicht, ob da nachträglich digitale Vergrößerungen gemacht wurden, ne. Kann sein.

Ich glaube, ja. Wobei die aber wegen der puren Größe dann auch ziemlich beeindruckend waren.

Ja.

Seid Ihr damals so tief in die Zeche eingefahren, dass Ihr die Erwärmung bemerkt habt, deutlich? D.h. es wurde da deutlich wärmer, wo Ihr ankamt, z.B. 27 Grad?

Du da kann ich mich nicht dran erinnern, aber natürlich war das wärmer.

Aha. Naja, so natürlich ist das ja nicht, wenn man in den Keller geht wird es da ja zunächst erstmal kälter, weil man da die Erwärmung in Richtung Erdinneres noch nicht bemrkt.

Hehehe, im Keller bist Du ja auch nicht so tief in der Erde.

Ich weiß nicht, ab welcher Tiefe man so die Erwärmung bemerkt, die in Richtung Erdinneres dann kommt.

Das weiß ich auch nicht mehr.

Aber die muss umso stärker sein, je tiefer man kommt.

Ich kann mich aber auch nicht mehr erinnern, dass ich da so geschwitzt hätte unter Tage, es war nur wirklich nicht kalt, ne.

Nicht kalt, hmhm. Dann wart Ihr vielleicht noch nicht in den Bereichen, wo die Temperaturren schon richtig extrem sind. 27 oder sogar 30 Grad warm?

Nö, nö, so warm war das bestimmt nicht.

Da wird das dann schon besonders schwierig für die Bergleute, wo es so sehr warm ist.

Jaja, klar. Da müssen sie ja auch noch arbeiten, ne. Die können ja nicht einfach da herumlaufen wie Touristen, sondern die sind ja richtig vor Ort und meißeln und hämmern und bohren und transportieren. Die haben ja unter Tage nicht einfach nur einen Gang erforscht, sondern haben Kohle produziert. Es ging ja darum, nicht Gänge zu schaffen für Touristen sondern, äh, ja, schwarze Kohle.

Und das tonnenweise, also in riesigen Mengen.

Ja genau. Und dann gab es da zum Teil ja auch Züge unter Tage, Schienen und mittelgroße bis kleine Wagen, wo man die Kohle auch mit transportieren konnte.

Genau. Da seid Ihr ja wahrscheinlich auch mit einem Zug transportiert worden, oder?

Nein, nein. Transportiert wurden wir nur unter Tage, mit einem Aufzug, dann die Gänge lang mussten wir selber laufen.

Ah so, aha. Dann wart Ihr wahrscheinlich nicht in den entlegendsten Winkeln der Zeche. Weil, da hättet Ihr wahrscheinlich lange laufen können.

Hehe, ja wir sind ja auch lange gelaufen. Ich weiss das nicht mehr so genau. Die Schienen waren nicht für Züge mit Personen gedacht, sondern die Schienen waren für den Transport von Kohle gedacht.

Hmhm. Aber es muss wohl auch Zechen geben, wo Bergleute teilweise auch mit den Zügen transportiert werden.

Damit sie an ihre Arbeitsstelle kommen, ja ja.

Genau, damit sie dahin kommen, wo der Kohlehobel dann ist. Und an dem wart Ihr ja auch?

Ja.

Zumindest schreibst Du, dass da alles schwarz wird vom Ruß.

Ja, wir waren ziemlich dreckig, als wir wieder rauskamen. Ich glaube ich habe ja auch ein paar Fotos von mir, wo ich eine dreckige Schnauze hab.

Ja, genau, es gibt irgendwo ein Foto von Dir, das müssten wir mal suchen.

Dann such mal.

Da sieht man eindeutig, dass Du in der Zeche warst.

Ja, eben. Und das war schon ziemlich mühsam, sich dann wieder sauber zu waschen.

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