Als die Reptilien am Himmel schwebten

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Text: Annette Bültmann

Ein Meteoriteneinschlag vor 66 Millionen Jahren in der Nähe des heutigen mexikanischen Ortes Chicxulub Puerto beendete vermutlich die Ära der Dinosaurier, und damit die Zeit der Herrschaft der Reptilien auf diesem Planeten. Dieser als Chicxulub Ereignis bekannt gewordene Einschlag führte zu Klimaveränderungen, die sich nicht nur kurzfristig als Ascheregen und Verdunklung des Himmels bemerkbar machten, sondern auch längerfristig als Abkühlung und Abdunklung, dadurch verminderten Pflanzenwuchs, wodurch den großen Pflanzenfressern unter den Dinosauriern die Nahrungsgrundlage entzogen wurde. Anschließend erfolgte wieder eine Erwärmung, so dass während des gesamten Eozäns die Polkappen eisfrei waren.
Damals begann die Ära der Säuger, die bis dahin als spitzmausgroße Tiere im Gebüsch der Kreidezeit ein Schattendasein geführt hatten.
Lebt im kollektiven Gedächtnis der Menschheit noch die Erinnerung aus Urzeiten, als Reptilien groß waren und die Welt beherrschten? Führt diese biologische Ur-Erinnerung zu Verschwörungstheorien von Reptilienwesen, und reptiloiden Comic- und Filmfiguren?

Nicht nur Säugetiere lebten während des Jura- und Kreidezeitalters im Schatten der großen Echsen und in der Gefahr, von ihnen gefressen zu werden, sondern auch Fische und Amphibien. Die Panzerlurche, einst als Ichthyostegalia, Fischschädellurche, aus dem Wasser gestiegen, versteckten sich nun in den Sümpfen um nicht selbst zur Beute zu werden. Das Meer wurde beherrscht von Plesiosaurien, Ichthyosauriern und Mosasauriern.
In die Lüfte erhoben sich Flugsaurier, zunächst an Meeresküsten und großen Gewässern, dort lebten sie vermutlich in größeren Kolonien, und ernähren sich von Fischen und Kalmaren. Spätere, kleinere Flugsaurier jagten vermutlich auch Insekten. Im späten Jura kam es zur größten Artenvielfalt der Flugsaurier, sie besiedelten nun verschiedene Lebensräume auf allen Erdteilen.

Die größten Flugsaurier aber lebten in der ausgehenden Kreidezeit. Queltzalcoatlus war ein Flugsaurier der späten Oberkreide von Nordamerika, und erreichte eine Flügelspannweite von 11-13 Metern, und ein Gewicht von 100 kg, manche Quellen vermuten bis zu 200 kg. Hatzegopteryx thambema aus der europäischen Oberkreide erreichte eine Flügelspannweite von 12 Metern, sein Gewicht wurde zunächst auf 100 kg geschätzt, neuere Untersuchungen gehen aber von bis zu 200 kg aus. Wie erhoben sich diese Tiere in die Luft? Die Luft der Kreidezeit war vermutlich sauerstoffreicher als die heutige, es wird vermutet dass die Atmosphäre zeitweise einen Sauerstoffgehalt von bis zu 30% hatte (heute 21%). War die Luft deshalb auch dichter, und konnte schwerere Lebewesen tragen? Oder benötigten sie einen passenden Wind, um abheben zu können? Der japanische Forscher Katsufumi Sato hat berechnet, dass sich Albatrosse nur bis zu einem Gewicht von 40 kg durch Flügelschlagen in die Luft erheben könnten.

Vorstellbar wäre, dass es in der damaligen Zeit regemäßig starke Winde gab, und auch Uferböschungen an den Meeren und Gewässern der Kreidezeit könnten als Abflugrampe gedient haben.
Der Lebensraum von Hatzegopteryx thambema, das heutige Rumänien, war damals eine Inselwelt im Thetys-Meer, das in der Kreidezeit weite Teile Europas bedeckte. So ist es vorstellbar, dass dieser Flugsaurier ähnlich heutigen Albatrossen weite Strecken über dem Meer schweben konnte.  Auch der nordamerikanische Kontinent, der Lebensraum von Quetzalcoatlus northropi, war in der Kreidezeit teilweise von breiten Meeresarmen bedeckt, an deren Ufern Quetzalcoatlus vermutlich lebte. Dort könnte er, wenn einmal in der Luft, lange Strecken im Segelflug zurückgelegt haben.

 

Während frühe Flugsaurer noch reptilienänliche Zähne hatten, hatten einige Flugsaurier der Oberkreide, wie Pteranodon, bereits einen zahnlosen Schnabel wie heutige Vögel. Dadurch wurde das Gewicht des Kopfes verringert und der Schwerpunkt weiter nach hinten verlagert, was sich günstig auf das Flugverhalten auswirkt.
Der als Urvogel bekannte Archeopteryx, der eine Übergangsform zwischen Reptilien und Vögeln darstellt, hatte noch einen bezahnten Schnabel, aber bereits vogelähnliche Schwungfedern und Zehen. Ob er sich durch Flügelschlagen in die Luft erhob, oder im Gleitflug von Bäumen, oder von den Klippen des Jurameeres schwebte, ist ungewiss.

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