Fotoskizzen mit dem iPad

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Interview des vm2000.net mit Jörg Boström

Du hast früher Fotoskizzen gemacht mit einer Leica Kamera, und machst sie heute auch teilweise mit einem iPad. Verändert sich durch die allgegenwärtigen Tablets Deiner Meinung nach die Fotografie in irgendeiner Weise?

Ja, mit dem iPad arbeite ich heute auch sehr gerne so als Zufallskamera, ne, und teilweise mache ich mit dem iPad auch Vorlagen für meine Malerei, wie Du inzwischen weißt. Und das iPad habe ich auch bei mir, da kann ich auch Mails abarbeiten, und Bilder machen, das ist sehr vielseitig, vielseitiger als ein alter Fotoapparat.

Das iPad ist besonders geeignet, umd damit Fotoskizzen zu machen?

Ich finde, ja.

Hat sich dadurch Deine Fotografie verändert, im Vergleich zu früher?

Das ist ja nicht in dem Sinne Fotografie, was ich mit dem iPad mache, sondern das sind Skizzen für Malerei, und Erinnerungen, einfach. Insofern hat sich das wenn man so will  verändert, es ist was anderes als, als ich früher, oder wenn ich es heute wieder mache, mit der Kamera Bilder mache. Eigens, Fotografie für meine Fotobilder. Mit dem iPad das sind eben alltägliche Skizzen, aber keine Fotografien im Sinne meiner Fotografie.

Du machst jetzt dann sowohl Fotos, also richtige Fotografien, die dann weniger skizzenhaft sind, als auch die Skizzen mit dem iPad, die dann spontaner sind?

Ja, im Augenblick mache ich eigentlich weniger Fotografien, als mehr Skizzen, weil ich die im Interesse für meine Malerei mache, und nicht so sehr um meine Fotografie Sammlung weiter auszubauen.


D.h. die eher klassische Fotografie ist etwas in den Hintergrund getreten.

Das ist sie, ja da hast Du Recht.

Du hast früher mal mehr klassische Fotos gemacht, könnte man vermuten, wenn ich mich recht erinnere, Hochöfen, oder Fabriken.

Ja, genau. Und das waren bestimmte Themen, aber ich habe davon eben Bilder fotografiert, auch für meinen Vorrat an Fotografien. Mit der Absicht, ein Bild zu gestalten mit der Kamera. Das mache ich mit dem iPad nicht. Das ist mehr Festhalten von Zufällen, und von dem was mich gerade interessiert, aber nicht, um damit Bilder zu gestalten, kann man auch mit dem iPad garnicht so sehr, wie mit einer richtigen Kamera. Wo man Ausschnitte machen kann, Tele usw., Weitwinkel, das kann man mit dem iPad in dem Sinne ja garnicht.

In der Form vielleicht nicht.

Das iPad nimmt so auf, was man so sieht, im Sinne des Gedächtnisses, aber nicht im Sinne von neue Bilder gestalten. Die neuen Bilder gestalte ich aus den Zufallsbildern des iPad für meine Malerei, dann.

Man könnte sicher auch mit einem iPad die Bilder irgendwie gestalten, also den Ausschnitt wählen und Ähnliches.

Ja, das mache ich bisher aber nicht. Machst Du das?

Wenn ich mit einem Handy fotografiere, hat das meistens andere Zwecke, zum Beispiel mal kurz etwas abfotografieren, damit man es im Gedächtnis behält.

Ja, so arbeite ich mit dem iPad auch.

Und Du hast früher, wenn Du klassische Fotos gemacht hast, sogar auch manchmal mit einem Stativ fotografiert?

Ja, das mache ich heute schon lange nicht mehr. Ich bin einfach, im Augenblick jedenfalls, aus der bildhaften Kunstfotografie heraus, ich arbeite nur mit dem iPad als Kamera des Zufalls und der Erinnerung. Ich hab auch iPad Bilder bisher noch nie bearbeitet, also im Sinne von Ausschnitt und so fort.

Man könnte wahrscheinlich auch mit dem iPad versuchen, “richtige Fotografie” in Anführungsstrichen zu machen.

Das müsste ich mal versuchen. Jetzt, wo Du es erzählst, macht das mich neugierig, das mal zu probieren, wie man überhaupt mit dem iPad Fotos ausschneiden, quer schneiden, vergrößern, verkleinern usw. kann. Das habe ich mit dem iPad bisher noch nicht gemacht.

Da kann man sicher schon auch Einiges machen. Es gibt ja sogar auch Stative, für iPads, z.B. so ein Gorilla Stativ, was man irgendwo anklemmen kann, was so elastische Arme hat.

Hahaha.

Es fragt sich natürlich, ist das mehr ein Scherz, oder?

Für mich ist das nicht von Interesse, ich bin kein Bastler von Fotomontagen, ist nicht so sehr mein Ding.

Das mit dem Gorilla Stativ wäre auch mehr nicht bei der Nachbearbeitung, sondern bei der Erzeugung der iPad Fotos ginge das in die Richtung, mit dem iPad eher etwas statische Fotos zu machen, etwas weniger skizzenhafte Fotos.

Ja, ich habe das noch nicht gemacht, ich habe auch garkein Stativ, wo ich das iPad überhaupt dransetzen kann. Das müsste ich mir erstmal anschaffen.

Vielleicht ist es auch so, dass das einfach Charakteristikum dieser Fotografie mit Tablets ist, das die eben halt großenteils nicht mit Stativen gemacht werden.

Ja genau, das sehe ich auch so. Also mehr Arbeit mit dem Zufall, als mit der organisierten Bildausschnitt Zeitausschnitt Kamera.

Könnte man schon auch als spezielle Form der Fotografie betrachten.
Eine der weiteren Besonderheiten des Fotografierens mit Smartphones und Tablets ist möglicherweise, dass damit teilweise relativ unbemerkt fotografiert werden kann?

Jaja, das ist für mich schon interessant dabei, dass die Menschen um mich herum nicht unbedingt merken, dass sie fotografiert werden, und entsprechend sich in Pose stellen. Die Gefahr besteht ja bei einer normalen Kamera.

Das stimmt. Und Dir liegt daran, wenn Du Straßenszenen aufnimmst z.B., dass die dann relativ natürlich erscheinen?

Unbedingt. Ich will ja nicht, dass die Menschen darauf reagieren. Das ist etwas anderes, wenn Du Menschen fotografierst, die bewusst fotografiert werden, und sich entsprechend verhalten, mimisch und gestisch usw., sondern ich liebe eigentlich mehr, die Realität zu erfassen im Zeitausschnitt, ohne dass sie sich für mich in Pose stellt.

Das ist möglicherweise einer der Vorteile der Fotografie mit dem iPad.

Ja, denke ich auch.

Wenn ein Fotograf mit einem Stativ in der Fußgängerzone steht, der wird ja deutlich bemerkt, manche Leute gehen ihm aus dem Weg, und andere gucken neugierig hin.

Und andere stellen sich in Pose, ne.

Das kann passieren, ja. Stimmt, vor kurzem war mir das ja noch passiert, dass ich am Aasee saß und ein paar Fotos machen wollte, dann kamen ein paar posierende Jungs vorbei, hatte ich Dir glaube ich auch gemailt, das Foto. Mir völlig unbekannte Jungs, relativ jung, die sich für mich hinstellten, so als wären sie eine Band. Das war zwar eigentlich eine ganz lustige Szene, aber im Grunde genommen will man solche Bilder vielleicht eigentlich garnicht machen.

Nee, eben.

Ein Tablet z.B. auf der Straße oder im Café zieht keine besondere Aufmerksamkeit auf sich, dadurch entsteht sicher so manches unbemerkte Foto.

Ja, genau. Da man die Kamera erkennt, wenn man sie vor die Augen hält, habe ich oft auch so aus der Hüfte geschossen, sozusagen. Die Kamera eben nicht bis an die Augen hochgezogen, damit die Menschen nicht merken, dass ich fotografiere.

Du hältst das iPad dann so eher beiläufig?

So, dass die Menschen denken, dass ich nicht fotografiere, sondern das iPad lese.

Dadurch können sicher auch interessante Straßenfotos entstehen.

Ja, können. Du machst eigentlich selten so realistische Fotos von Menschen auf der Straße, und Straßen, sowas, Du bastelst mehr an virtuellen Bildern, ne?

Das stimmt. Wobei, ich hatte auch schonmal letztens irgendwann den Plan, mit dem Handy unbemerkt zu fotografieren, indem ich dann noch zusätzlich einen Fernauslöser benutze. Also das Handy z.B. irgendwo in der Tasche trage, und mit einem Fernauslöser ein Bild mache, bei dem ich dann selbst garnicht genau wüsste, was drauf ist.

Ja, das kannst Du gerne mal machen. Probiere es doch mal, so eine Art Zufallsserie.
Musst Du nachher sorgfältig aussuchen, welche Bilder wirklich als Bilder funktionieren, und nicht nur oberflächliche Zufallsstücke sind.

Von Dir gibt es schon sehr viele Fotos, die andere gemacht haben, von mir z.B. wurden auch schon viele Fotos von Dir gemacht. Du brauchst daher nicht ganz so dringend Selfies, aber machst trotzdem gelegentlich welche. Bzw. vor Verwendung von Smartphones sprach man wohl eher von fotografischen Selbstportraits. Und die setzt Du dann auch manchmal in Malerei um. Wäre das dann mehr in der Tradition fotografischer, oder mehr in der Tradition gemalter Selbstportraits, oder kann man das garnicht so genau einordnen?

Ja, ich sehe das mehr als ein Tradition gemalter Selbstportraits. Die Fotografien mache ich gelegentlich, um die Technik auszuprobieren.


Und die Fotoskizzen werden dann teilweise für die Malerei verwendet, für gemalte Portraits?

Du hast ja einige von meinen gemalten Portraits schon gesehen, die sind ja auch im Netz, und in einem Blurb Buch das ich gestaltet habe. Mit meinen Selbstportraits. Jedenfalls merkt man ja langsam, dass man sich ändert im Alter, und das ist interessant, zu fotografieren und mit Malerei zu variieren und zu kommentieren.

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