Interview Teil 17 – Studenten und Professoren

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Interview des vm2000.net mit Jörg Boström

Wie war am Fachbereich Gestaltung Dein Verhältnis zu Deinen Studentinnen und Studenten?

Ich habe mich immer als Team mit den Studenten gemeinsam gefühlt. Ich habe mich nicht als Professor, der die anderen belehrt, was Kunst ist, und wie sie es machen sollen, sondern wir haben als Team gemeinsam gearbeitet, Studenten waren für mich eben Partner, wie ich für sie, und wir haben auch gemeinsam in Ruhrgebiet oder in verschiedenen Regionen fotografisch gearbeitet. Die Fotografie war für mich immer ein Medium, die Wirklichkeit zu erfassen, und nicht eine formale ästhetische Arbeit im Labor. Für mich war die Fotografie eben auch Erfahrung der Wirklichkeit, und solange ich Professor war gemeinsam mit meinen Studenten. Wir waren ein Team.

Hattest Du bestimmte Vorstellungen, was Du ihnen vermitteln wolltest?

Vorstellungen davon, was ich ihnen vermitteln wollte, hatte ich, wie Du es ja hörst,  offensichtlich, denn ich habe eben versucht, die Wirklichkeit zu vermitteln.

Wenn ich Dich richtig verstanden habe, meintest Du mal, dass Du auch von den Studenten einiges gelernt hast?

Ich habe selbstverständlich von den Studenten auch viel gelernt, weil wir ja gemeinsam Projekte gemacht haben, und auch gemeinsam Ausstellungen organisiert haben, zum Beispiel in der Kunsthalle Düsseldorf. Zum Beispiel in Galerien. Wir haben ja Ausstellungen auch im Bezug auf die Realität gemacht. Also in Bruckhausen ausgestellt, also nicht nur in Museen und Galerien, sondern auch in, ja, Gebäuden, Fabriken usw.

Für manche Professoren oder auch manche Studierende sind Kunstakademien ein bisschen wie ein zweites Zuhause.

Das war nicht ein Zuhause, aber ein Treffen, so wie andere ihre Lokale haben, wo sie sich treffen, gemeinsam um einen Tisch, um Bier zu trinken oder was anderes, so war für mich die Kunstakademie ein Ort für Team Treffen, und für Team Diskussionen. Und dann eben raus und fotografieren. In der Kunstakademie selber haben wir so gut wie garnicht fotografiert. Ich habe allerdings in der Kunstakademie hauptsächlich gemalt, bei Bruno Goller. Also Fotografie kam später.

Ich wollte eigentlich auch gefragt haben, ob der Fachbereich Gestaltung in Bielefeld auch für Dich eine Art zweites Zuhause gewesen ist?

Ja, das kann man sagen, für den der im Beruf zuhause ist, ist natürlich auch der Ort seine Berufs zuhause, und so war es für mich auch. Mir hätte viel gefehlt, wenn ich nicht diesen Beruf gehabt hätte.

Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen dem Fachbereich Gestaltung in Bielefeld, und einer Kunstakademie?

Nein. Die Zeit an der Kunstakademie war auch eine andere, als die in Bielefeld. Ich habe in Bielefeld das Projektstudium angefangen, was ich an der Düsseldorfer Kunstakademie nicht hatte, da war ich bei Bruno Goller in der Klasse Maler, und kein Projektstudent. Das gab es damals auch nicht, das habe ich erst am Fachbereich Design erfunden, für mich auf jeden Fall, und für die Studenten.

D.h für Dich waren das zwei sehr unterschiedliche Ort, die Kunstakademie Düsseldorf, und der Fachbereich in Bielefeld?

Ja. waren es schon. Obwohl Beuys ja an der Kunstakademie war, und sie mit seinen Aktionen auch geöffnet hatte, für alle. Also Beuys war schon von seinen Kollegen teilweise verhasst. Wie gesagt der Kricke schon gesagt hat “das ist für mich sein Jesus Kitsch”. Die Kollegen haben ihn zum Teil nicht geschätzt, und sie haben ihn letztendlich auch rausgeschmissen, er wurde ja als Professor entlassen, im Auftrag eines Teils seiner Kollegen, Professoren, denen Beuys nicht ganz recht war. Die Kollegen machten eine Aufnahmeprüfung für ihre Studenten, hatten in der Regel so 15, ich musste mich auch bewerben bei Bruno Goller, mit einer Mappe, da freue ich mich noch drüber, dass er mich genommen hat, weil, er studierte meine Mappe, das vergesse ich nie, und sagte “Ach, das ist ja ein sympathischer Strich”. Hat er über meine Zeichnungen gesagt. Jedenfalls hatte Goller mich genommen, jeder hatte ungefähr 15 Studenten, und Beuys hatte an die 90. Er nahm einfach alle, er kannte keine Aufnahmeprüfung. Und das haben die anderen nicht akzeptiert, die haben ihn einfach rausgeschmissen.

Das mit der räumlichen Begrenzung ist wahrscheinlich auch ein Problem in der Kunstakademie, weil, wenn sie zu überfüllt ist, dann finden die Leute keinen Platz mehr zum Malen?

Seine Räume hatte er ja, mehr nicht, die anderen hatten ihre eigenen. Und er musste mit seinen 90 Studenten dann irgendwo durch die Gegend wandern, und sich draußen treffen.

Wahrscheinlich wurde das irgendwann zum Problem?

Das wurde so zum Problem, dass die Kollegen ihn rausgefeuert haben.

Also vom Prinzip her würde man ja jederzeit sagen, es ist eine gute Idee, wenn Menschen, die sich für Kunst interessieren, das auch studieren können, aber von der Durchführung her wird es dann sehr schwierig, scheint mir.

Ja ja, klar. Ich meine, in anderen Fächern ist das ja egal, der Professor hat einen Vortragssaal, und hat da ohne weiteres 90 Studenten drin sitzen oder 100, oder nur 3, je nachdem. Während ein praktizierender Kunstprofessor mit Leinwand und Keilrahmen und Staffeleien, da konnte er nur, ja sagen wir mal, 15 war schon eine Menge für 3 Räume, die er hatte. Er hat im Prinzip versucht, der Goller, in jedem Raum 5 Leute arbeiten zu lassen, so dass er 15, 20 Studenten hatte. Ich hatte das Glück, dass ich von Goller akzeptiert wurde, der hat ja seine Studenten ausgesucht.

Wahrscheinlich muss das auch so bleiben beim Kunststudium, dadurch dass es so platzintensiv ist.

Das ist heute glaube ich immer noch so, dass die Leute an der Kunstakademie eine Aufnahmeprüfung machen, und jeder Professor sagen wir mal 15 nimmt, und wer sonst noch kommt, der kommt nicht rein. Da war Beuys ja eine sehr skandalöse Ausnahme, die ihn ja auch seinen Professorenjob gekostet hat, diese Art, alle Leute zu nehmen, die zu ihm wollten.

Das Problem gibt es wohl noch, das hatte ich auch gelesen. Da stand zwar nicht, wieviele Studenten ein heutiger Professor aufnimmt, aber da stand, manche Studenten finden keinen und werden dann Flurstudent. Offiziell sollte es das garnicht geben, aber das gibt es doch, und das ist dann problematisch für die Studenten.

Der ein oder andere Künstler wurde garnicht aufgenommen an der Akademie, ist aber dann berühmt geworden.

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