Wetteranomalien und Kunst

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Text: Annette Bültmann

 

Das Wetter, immer wieder ein beliebtes Gesprächsthema, wird in unserem Magazin eigentlich nur relativ selten zum Thema. Allerdings hatte sich das Wetter im schottischen Ort Plockton schonmal zur näheren Betrachtung angeboten, denn dieser Ort an der Küste des schottischen Hochlands hat durch seine geschütze Lage in der Bucht von Loch Carron, und durch den Golfstrom, ein relativ mildes Klima, so dass er sich als Urlaubsziel eignet und an der Hauptstraße palmenähnliche Cabbage-Trees wachsen (Cordyline australis, Kohlbaum, Kohlpalme oder auch Keulenlilie genannt.) Diese Pflanzen stammen eigentlich aus Australien und Neuseeland und gehören zur Ordnung der Spargelartigen (Asparagales). Blätter und Wurzelstock werden von den Maori in Neuseeland gegessen. Seit ca. 1800 wurden diese Pflanzen an englischen Küsten angepflanzt.

 

Plockton, Schottland, Uferstraße mit palmenähnlichen Cabbage Trees
Foto: Wojsyl [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

 

Cordyline australis, [Public domain], via Wikimedia Commons


Nicht nur in Plockton, auch in einigen anderen Orten an der schottischen Westküste wachsen Cabbage Trees, und an der walisischen Küste ist das Klima so mild, dass dort Palmen und Feigenbäume gedeihen.
Während der Golfstrom ausgleichend auf das Wetter an den Küsten wirkt, und ebenso die Lage in der Westwindzone, kommt es durch de Klimawandel doch immer wieder zu Wetteranomalien. Z.B. Hitzewellen im Sommer, oder starke Stürme, sogar Wirbelstürme. In Berlin flogen im Juli 2002 auf dem Breitscheidplatz einige Cafétische und Sonnenschirme in die Höhe, verursacht durch einen Wirbelsturm. Kleinere Wirbelstürme scheinen mittlerweile relativ häufig vorzukommen, so verzeichnet die Tornadoliste Deutschland in den vergangenen Jahren immer weit über 100 Tornados, im Jahr 2016 sogar 488 Tornados deutschlandweit.
Klimaveränderungen und Anomalien gab es auch in früheren Zeiten, sie beeinflussten auch teilweise die menschliche Kultur.
Das „Jahr ohne Sommer“ war eine Klimaanomalie, verursacht durch einen Vulkanausbruch, der zu einer vorübergehenden Abkühlung und damit zu einem zu kalten Sommer und Missernten führte. In dieser Zeit entstand „Frankenstein“ von Mary Shelley.
Die „kleine Eiszeit“ folgte auf die mittelalterliche Warmzeit und brachte kältere Winter in Europa mit sich. Zu sehen ist das auf Gemälden, die Menschen auf zugefrorenen Flüssen zeigen.

Avercamp, Hendrick Berentsz: IJsvermaak
Quelle: Wikimedia Commons

 

Bartholomeus Johannes van Hove: Pompenburg met Hofpoort in de winter
Quelle: Wikimedia Commons

 

Thomas Wyke: Thames frost fair
Quelle: Wikimedia Commons

Die steinzeitliche Malerei zeigt teilweise Tiere, die mit dem Ende der Eiszeit zunehmend verschwanden, wie Mammut, Wollnashorn, Höhlenbär, Höhlenlöwe, Riesenhirsch. Steht auch diese Kunst mit dem Wetter in Verbindung? Vielleicht lässt sich nicht so genau herausfinden, zu welchen Jahreszeiten diese Bilder entstanden, ob es warm oder kalt war. Höhlen haben normalerweise ein gleichbleibend kühles Klima, und entziehen sich so in gewisser Weise den Wechselhaftigkeiten und Anomalien. In Höhlen sind meist konstante Temperaturen im Jahresverlauf mit nur geringem Unterschied zwischen Sommer und Winter. Während also in Höhlen die Temperaturen also kaum überraschen können, können sie das draußen manchmal umso mehr. Anfang Juni 2019 waren schonmal Temperaturen von 30 Grad angekündigt, während es wenige Wochen vorher in manchen Gegenden des Landes noch schneite.
Im Januar 2019 kam es in Mitteleuropa zu starken Schneefällen, ebenfalls eine Wetteranomalie.  Besonders in den Alpen ist im letzten Winter sehr viel Schnee gefallen. Auf der Timmelsjoch Hochalpenstraße frästen sich im Mai Schneeräumgeräte vorwärts und beseitigten Hundertausende Kubikmeter Schnee, um die Straße zu Ende Mai eröffnen zu können, was aber wegen der Lawinengefahr nicht möglich war. Deshalb wurde die Straße in diesem Jahr erst am 8. Juni für den Verkehr freigegeben.

In der Nacht vom 4. auf den 5. Juni 2019 fegte kurzzeitig ein Tornado durch die nordrheinwestfälische Stadt Bocholt, der Häuser abdeckte, Bäume entwurzelte, und ein Auto umwarf. Er erreichte Windgeschwindigkeiten von um die 200 km/h. Auch in Belgien, den Niederlanden und Frankreich gab es in dieser Nacht eine Gewitterfront mit sehr vielen Blitzen, Starkregen, teilweise großem Hagel, und Orkanböen. Am 7.6. wurde in Langenberg, ebenfalls in Nordrhein-Westfalen, ein Festzelt bei einem Fussballturnier von einer Windhose erfasst. Am Pfingstmontag, 10.6.2019, kam es in Bayern vom Allgäu bis München, zu Gewittern und großem Hagel, es wurden Hagelkörner in Golfballgröße gefunden. Durch den Hagel wurden Auto- und Dachscheiben eingeschlagen, und Gärten verwüstet. S-Bahn-Linien und Bahnstrecken wurden zeitweise gesperrt. Besonders stark betroffen war auch der Landkreis Starnberg mit dem Ammersee und Wörthsee.
Am 24. Juli wurde der Urlaubsort Zermatt teilweise überschwemmt, ohne dass Regen gefallen wäre. Was war geschehen? Vermutlich hat sich ein unter einem Gletscher liegender See, eine sogenannte Gletschertasche, durch die starke Erwärmung im Juli plötzlich entleert, und dabei nicht nur Wasser, sondern auch Sand und Geröll mitgeführt. Das Wasser ließ den durch den Ort Zermatt führenden Triftbach über die Ufer treten, überflutete zahlreiche Keller, und führte zur Sperrung von Brücken und Schließung von umliegenden Restaurants.

Das Wetter hat auch immer wieder mit der Kunst zu tun, z.B. zeigen Landschaftsbilder die Wolkenformationen, oder Seestücke zeigen das vom Sturm bewegte Meer.

Aber Künstler haben auch schon die direkte Verbindung zum Wetter gesucht, z.B. wurde im ZKM eine Wolke erschaffen. Oder der spanische Künstler Eduardo Chillida stellte das Skulpturenensemble “El Peine de los Vientos” auf Felsen am Meer, wo die Stahlobjekte auf Steinbrocken die Winde beeinflussen.

 

Foto: Jean Michel Etchecolonea [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Foto: Hans Brinker [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons

 

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