Horizonte

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Interview des vm2000.net mit Jörg Boström

Du sagtest, ein Landschaftsbild wäre eine Landschaft, die sich bis zum Horizont erstreckt. Auf Deinen Bildern sind auch immer wieder Horizonte sichtbar. Eine Landschaft mit sichtbarem Horizont ist demnach die typische Form eines Landschaftsbildes?

Aus meiner Sicht ja. Für mich ist die Landschaft auch eine Raumdarstellung, ein Landschaftsbild, und dazu gehört natürlich der Horizont. Wenn man senkrecht zur Erde guckt, dann sieht man zwar auch Landschaft, also Land, aber nicht Landschaft. Landschaft sieht man in meinen Augen nur in Bildern, die den Horizont suchen.

Mal gibt es tiefe Horizonte und darüber Wolkenformationen, und mal hohe Horizonte, darüber ist dann nur wenig vom Himmel sichtbar.

Naja, Landschaftsbilder vom Mond z.B. gibt es ja auch neuerdings. Die kann man ja auch als Landschaftsbild bezeichnen. Aber nicht aus unserer Erfahrung, weil wir ja nicht auf dem Mond herumlaufen.

Das ist natürlich eine ziemliche Kraterlandschaft, aber trotzdem würde man das auch irgendwie als Landschaft betrachten.

Das könnte man auch als Landschaft betrachten, hauptsächlich, wenn man auf dem Mond steht und zum Horizont guckt. Auch der Mond hat ja einen Horizont.

Wie ist das eigentlich mit der Krümmung des Horizonts, erkennt man die auf dem Mond? Ich habe das gerade garnicht mehr auf dem Schirm.

Das glaube ich nicht. Auf der Erde erkennt man die auf jeden Fall nicht, die Erde ist aber sehr viel größer als der Mond, es könnte sein dass man eine leichte Krümmung auf dem Mond sieht, wenn man da herumläuft.

Das wäre ja ein interessantes Phänomen, was die Landschaften auf fernen Himmelskörpern angeht. Ich schaue mir hier jetzt gerade welche an, wo man allerdings nur einen kleinen Ausschnitt vom Mond sieht. Nämlich die Apollo 11 Mission mit der Landefähre, und einem Astronauten der da herumläuft, und ich bilde mir ein, eine leichte Krümmung des Mondes teilweise zu sehen, aber es kann auch sein dass ich mir das einbilde.



Foto: NASA, Quelle: Wikimedia Commons

 

Das kann schon sein ja, beim Mond wäre die ja viel leichter zu sehen als bei der Erde, weil die Erde ja viel größer ist.

Hmhm. Es kann aber auch sein, dass ich mir jetzt einbilde, weil der Horizont bei den Fotos nicht immer 100%ig gerade ist, sondern teilweise leicht geneigt ist. Ich werde nochmal versuchen, mehr herauszufinden über die gekrümmte Mondoberfläche.
Zu den irdischen Horizonten fiel mir noch auf, dass es manchmal tiefere Horizonte auf Bildern gibt, und manchmal höhere. Und ich habe mich gefragt, ob dann Landschaften mit tiefem Horizont himmlischer wirken, weil man da mehr Wolken sieht, und solche mit hohem Horizont irdischer sind, weil man da mehr vom Land sieht.

Ich meine, um einen Horizont zu sehen muss man da zu Fuß draufstehen, dann sieht man den Horizont. Und wenn man im Flugzeug herumdüst, kann man ja nicht unbedingt einen Horizont sehen.

Hm, damit habe ich mich noch nie beschäftigt, wie der Horizont vom Flugzeug aus aussieht, oder wo man dann hingucken muss, um ihn zu sehen. Luftbilder sind natürlich anders. Stimmt, häufig sieht man Luftbilder ohne Horizont.

Ja, klar, im Grunde gehört der Horizont Fußgängern.

D.h. auch je nachdem ob der Fußgänger höher oder tiefer steht, ob er auf einem Berg steht z.B., da ändert sich die Perspektive.

Ja, aber auch dann, wenn er steht, sieht er den Horizont, selbstverständlich, wenn der nicht versperrt ist durch Felsen, durch Berge selber.

Aber es könnte sein, dass der Horizont sich schon verschiebt, wenn man höher auf einem Berg steht. Das ist ein Phänomen, mit dem man sich vielleicht mal beschäftigen könnte. (der Horizont verschiebt sich je nach Blickhöhe in weitere Entfernung, Anm. d. Red. Laut Berechnungen liegt der Horizont bei Blickhöhe 1 Meter in einer Entfernung von 3,57 km, 10 Meter 11,29 km, 100 Meter 35,7 km, 1000 Meter 112,88 km, 10000 Meter 357,1 km)
Wenn man unterhalb eines Berges steht, dann schaut man ja nach oben und sieht den Berg.

Ja, dann sieht man jedenfalls keinen Horizont. Einen Horizont sieht man nur, wenn man waagerecht guckt.

Auch wenn man zum Beispiel die Bäume sieht, ist das ja kein richtiger Horizont. Oder würdest Du sagen, dass der Horizont auch aus Bäumen bestehen kann?

Nee, der kann durch Bäume versperrt sein. Der Horizont ist die Landschaft von weitem, von einer stehenden Figur geguckt. Wenn ich stehe, am Boden, und gucke in die Ferne, und dann sehe ich einen Horizont, oder der ist mir versperrt z.B. durch Häuser, durch Straßen, durch Bäume, durch Felsen.

Das passiert relativ häufig, dass der Horizont versperrt ist, z.B. durch Bäume und Häuser in der Stadt.

Ja, in der Stadt kann man sehr selten den Horizont sehen, man muss schon in die Landschaft, ins Freie gehen. In der Regel ist der Horizont in Städten ja verbaut.

Ja doch, meistens. Man kann da eventuell, wenn man z.B. an einem See steht, dann kann man eventuell die Uferlinie sehen, und sie auch vielleicht als sowas wie Horizont einordnen, aber eigentlich ist es doch nicht dasselbe. Das gegenüberliegende Ufer wäre eine waagerechte Linie, die ich da sehe. Dann gibt es Bäume, dann gibt es Häuser, dann gibt es eine Brücke, so dass es da auch keine Weite gibt bis zum Horizont, aber man könnte da das Bild z.B. an der Uferlinie ausrichten. Aber es ist nicht das Gleiche, wie ein Horizont. Dieser Eindruck von Weite, und das Bild das sich bis zum Horizont ausdehnt, und hinten irgendwie bläulicher wird, so im Dunst verschwindet, das ist das was man sich eigentlich als typische Landschaft vorstellt, oder?

Ja.

Normalerweise sollte ein Landschaftsfoto einen geraden Horizont haben.

Im Prinzip ja. Und auch eine Landschaftsmalerei.

Oder darf er auch mal schief sein, der Horizont?

Ja. Der Horizont kann teilweise auch, wie ich das gerade sehe von Claude Monet, mit Bäumen teilweise verdeckt sein.

Bei Monets Teichen ist es so, dass der Betrachter quasi direkt über dem Teich auf die Seerosen schaut und die Wasseroberfläche, und dadurch dann keinen Horizont sieht. Oder wie war das noch?

Doch, so ungefähr ist das.

Das ist auch eine interessante Perspektive bei Monet. Das ist quasi als wäre man eine Fledermaus die direkt über seinen Teich fliegt (oder ein Wasservogel, denn die meisten Bilder von Monet zeigen wohl das Tageslicht, Anm. d. Red.). Dadurch ist man sehr nah am Wasser und den Wasserpflanzen. Die Seerosenteiche sind das Spätwerk, kann das sein?

Das kann schon sein, ja.

Dann gibt es wahrscheinlich frühere Landschaften, auf denen man schon auch Horizont sieht.

Ich schicke Dir mal von Caspar David Friedrich eine Zeichnung mit Horizont. Caspar David Friedrich ist ja leidenschaftlicher Landschaftsmaler. Da siehst Du mal ein Stück Arbeit von ihm. Wenn Du einen Artikel bastelst über den Horizont, dann wäre das ein wichtiges Bild.
Es ist eine Skizze, aber die ist sehr ausführlich. Vorbereitung für ein Bild.
Das ist schon interessant, dass man mal so eine Vorstudie sieht, nicht immer nur die fertigen Bilder.


Caspar David Friedrich, Rügenlandschaft, Quelle: Caspar David Friedrich Kalender

 

Das ist interessant, es zeigt auch die technische Seite des Zeichnens.

Eindrucksvoll, ne?

Ich habe im Internet gelesen, “Ein schiefer Horizont ist total out”, das könnte bedeuten, er war aber auch mal “in”? Ist Dir das mal aufgefallen, z.B. bei den Arbeiten von Studenten, dass eine zeitlang verstärkt schiefe Horizonte fotografiert wurden?

Ja, ich weiß nicht warum. Du kannst ja mal forschen, wenn Du willst. Gib mal bei google ein, schiefe Horizonte, was dabei herauskommt.

Hmhm, ich könnte ja mal forschen, was es mit den schiefen Horizonten auf sich hat, ob das mal eine zeitlang absichtlich gemacht wurde.

Kann sein, ja, ich weiß es nicht. Könnte man bei der Gelegenheit ja vielleicht herausfinden.

Ich denke, ein schiefer Horizont führt bei einem Gewässer dazu dass es ausläuft, also dass man den Eindruck hat, dass es ausläuft, das ist natürlich eigentlich nicht erwünscht.
Bei einem schiefen Horizont könnte man den Eindruck haben, die Ökologie wäre aus dem Gleichgewicht, dadurch dass das Gewässer ausläuft. Insofern könnte man vielleicht auch schiefe Horizonte nutzen, um eine etwas beunruhigende Stimmung darzustellen.

Ja, dass manches so allmählich schief läuft, im Leben auch. Wenn der Horizont immer gerade ist, dann sind wir mit unserem Leben in Ordnung, wenn er schief ist, läuft bei uns auch etwas schief, wie wir das ja auch dann sagen.

Meistens sind Landschaften im Querformat, aber Du hattest auch schonmal Hochformate gemalt, “Fensterblick”?

Ja, die Querformate sind aber die Regel. Wahrscheinlich habe ich ein Hochformat gemacht, wenn ich von der Erdoberfläche soviel wie möglich zeigen wollte, oder vom Himmel, Wolken massenweise. Dann macht man gerne ein Hochformat, damit viel dabei herauskommt, von Erde, oder Himmel.

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