Spuren

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Text: Annette Bültmann

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Tiere und Menschen hinterlassen Spuren, Fußabdrücke im Sand, Lehm oder Schnee. Erfahrene Fährtenleser könnten anhand der Spuren nicht nur die Art, sondern auch Alter, Geschlecht, Größe u.Ä. der vorbeigelaufenen Tiere oder Menschen erkennen. Menschliche Zehenabdrücke sind wie Fingerabdrücke einmalig, sie ermöglichen es sogar, bestimmte Personen zu erkennen. Bei dem Projekt “Tracking in Caves” wurden zwei namibische Buschleute aus der Kalahari, aus der seit Jahrtausenden existierenden urtümlichen San-Kultur, dazu eingeladen, die Spuren in steinzeitlichen Höhlen zu lesen. Zunächst rätselhaft, der Steinzeitmensch der in der französischen Höhle Tuc d’Audoubert nur Fersenabdrücke hinterlassen hat. Die Vermutung namibischer Experten bietet eine mögliche Erklärung: er ging auf den Fersen um nicht durch die verräterischen Zehenabdrücke von anderen Stammesmitgliedern erkannt zu werden.
Nicht nur Füße hinterlassen Spuren, bei Menschen sind es auch Hände, die Malen, möglicherweise schon seit 100.000 Jahren, oder deren Umrisse mit Farben an den Höhlenwänden hinterlassen wurden.
Bei Tieren sind es nicht nur Füße sondern auch Zähne, Schnäbel, Schuppen etc. die als Spuren erkannt werden können.
Der Mensch als Kulturwesen ist nicht allein mit seinen Schöpfungen.
Auch Tiere üben Tätigkeiten aus, die Menschen vielleicht zum Bereich ihrer Kultur zählen würden, wie das Anlegen von Pfaden, den Bau von Nestern, Geschenke zur Brautwerbung, die Weitergabe von Kenntnissen an Artgenossen, oder auch den Minnesang.
Tiere, die Malen, sind z.B. Affen oder Elefanten, die normalerweise von Menschen zu diesen Aktivitäten angeregt wurden, oft mit interessanten Ergebnissen. Aber auch ein ganz anderes Tier hinterlässt Spuren grafischer Art, der Buchdrucker oder Große achtzähnige Fichtenborkenkäfer (Ips typographus), dessen Larve Gänge frisst, die dann zu einem Bild werden, dessen Linien teilweise an Buchstabenreihen erinnern, was der Art ihren Namen verliehen hat.

Brutkolonie des Buchdruckers (Ips typographicus), Abbildung aus der 4. Auflage des Meyers Konversationslexikons (1885–90)

Fußabdrücke von Vögeln, hierzulande meist relativ klein, sind im Winter manchmal deutlich im Schnee zu sehen. In anderen Klimazonen finden sich auch größere Vogelspuren, wie die von Kasuaren, Emus, oder Straußen, häufig im Sand oder Lehm, oder sehr gut sichtbar z.B. in ausgetrockneten Salzseen.

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Geht man weiter zurück in der Zeit, finden sich historische Felsmalereien, die neben menschlichen Händen auch Emu-Spuren darstellen. Seit wann mögen sie sich an diesen Felswänden befinden?

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Emu Tracks in Australian Rock Art, Foto: Lauren Bisset

 

Weiter rückwärts in der Zeit, finden sich schließlich versteinerte Spuren, von riesigen Vögeln wie Diatryma, einem mit den heutigen Gänsen verwandten, flugunfähigen Vogel von bis zu 2 Metern Höhe mit einem papageienähnlichen Schnabel, der vor 40-60 Millionen Jahren lebte. Noch weiter in der Vergangenheit finden sich Dinosaurierspuren, die teilweise denen von Vögeln ähnlich sein können.

Die Paläoichnologie (Lehre von den alten Fußspuren) ist ein Teilgebiet der Paläontologie, das sich mit versteinerten Spuren beschäftigt. Es ist nicht immer möglich, versteinerte Spuren eindeutig einer bestimmten Tierart zuzuordnen. Daher wurden Ichnotaxa entwickelt zur Einordnung von Spurenfossilien, die wie bei der Linné’schen Nomenklatur der Lebewesen als Gattung und Art angegeben werden, in diesem Fall also Ichnogenus und Ichnospezies. Außer Bewegungsspuren gibt es auch Ruhespuren, Weidespuren, Fraßspuren, Fluchtspuren, Brutspuren etc., wobei aber Fußspuren und Fährten oft besonders gut sichtbar sind. Auf allen Kontinenten wird der sogenannte Fährtensandstein gefunden, entstanden durch Ablagerungen in Flussbetten, an Seeufern oder im Wattenmeer, mit gut sichtbaren Fährten von Landwirbeltieren.

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Historische Zeichnung einer fossilen Spur im Sandstein, Quelle: https://www.flickr.com/photos/internetarchivebookimages/14784354322/

Ein in der späten Trias, im Jura- und Kreidezeitalter häufig vorkommender Spurentyp wird als Grallator bezeichnet, wobei es sich um ein Ichnotaxon handelt, d.h. die Spuren von dreizehigen Theropoden, Dinosaurier, die sich auf zwei Beinen fortbewegten, können nicht immer einer bestimmten Tierart zugeordnet werden, möglicherweise ist es auch nicht eindeutig sichtbar, ob solche Spuren von einem Reptil oder bereits von einem Vogel stammen.
Theropoden sind die Vorfahren der heutigen Vögel, kladistisch gesehen gehören zu den Theropoda auch die heutigen Vögel, alle anderen Theropoden sind am Ende der Kreidezeit ausgestorben.
Der Name Grallator, Stelzenläufer, lässt Verwandtschaft erkennen mit der veralteten Bezeichnung “Grallae” für Sumpfvögel, Watvögel, Stelzenläufer, Schreitvögel, wie Störche oder Reiher. Manchmal ist es möglich, die Grallator Spuren einer bestimmten Gattung zuzuordnen, wie z.B. Caudipteryx, einem kleinen, vogelähnlichen Dinosaurier aus der Unterkreide, mit Schwanz- und Flügelfedern.

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Caudipteryx zoui. Diese Datei ist lizenziert unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported. Der Urheber des Bildes ist Matt Martyniuk. Quelle: Wikipedia

Im Vergleich zu heutigen Vögeln sind bei den Grallator Spuren mehr einzelne Zehenglieder sichtbar, üblicherweise 3 Zehen mit der Formel 3,4,5 der Zehenglieder.

Paläontologen versuchen, nicht nur anhand von Skelettmerkmalen, sondern auch anhand der Fährtenmuster und resultierenden Beinproportionen, Relationen von Schrittlängen zu Fußlängen u.Ä. auf die Bewegungsformen und die Laufgeschwindigkeit von Theropoden zu schließen. Wobei die Vögel lebende Theropoden sind, ihre geschuppten Vorfahren werden daher auch „Nicht-Vogel-Theropoden“ genannt. Diese waren Zehengänger, die Hinterbeine wurden unter dem Körper gehalten, die Schrittbreite war schmal, und, obwohl sie denn Spuren nach zu urteilen möglicherweise häufiger gingen als rannten, könnten einige Arten Geschwindigkeiten bis zu 60 km/h erreicht haben. Im Verlauf der Evolution zu den Vögeln wurden die Knochen leichter und insgesamt Größe und Gewicht reduziert. Mittelgroße Theropoden vor 100 Millionen Jahren, wie z.B. die Deinonychosauria, war daher vom Gewicht her eher vergleichbar mit den größten heute noch lebenden Theropoden, den zu den Laufvögeln gehörenden Straußen, Emus und Kasuaren.

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Diese hinterlassen heute noch Spuren, die denen der Dinosaurier ähneln.

 

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